Kunst am Bau

1.Preis, Kunst am Bau Wettbewerb, 2001/03

Staatshochbauamt Dresden, Sachsen, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ an der Technischen Universität Dresden, Neubau der Kinder- und Frauenklinik
Freie Architekten, Heinle, Wischer und Partner, Berlin

Erläuterungsbericht

Ein Gestaltungskonzept wurde entwickelt für folgende, jeweils den Besucheraufzügen gegenüberliegende 10 Wandflächen der Foyers; außerdem für die beiden dem Nordfoyer zugeordneten Wandflächen.
Anzahl der Wandflächen, gesamt: 12
Anzahl der Bildobjekte, gesamt: 26

Ebene E10

Vorräume Besucheraufzüge in der Kinder- und Frauenklinik jeweils,1 Bildobjekt, Malerei auf Leinwand, 90 x 270cm, Bildtiefe 4cm
Nordfoyer, Aufenthalt, Spiel, Veranstaltung, 2 Wandflächen, gegenüberliegend jeweils 2 Bildobjekte, Malerei auf Leinwand, 75 x 185cm, Bildtiefe 3,5cm
Anzahl der Bildobjekte gesamt: 6

Ebene E10

Vorräume Besucheraufzüge in der Kinder- und Frauenklinik jeweils 1 Bildobjekt, Malerei auf Leinwand, 220 x 210cm, Bildtiefe 4cm
Anzahl der Bildobjekte gesamt: 2

Ebene E20

Vorräume Besucheraufzüge der Kinder- und Frauenklinik jeweils 2 Bildobjekte, Malerei auf Leinwand, 85 x 125cm, Bildtiefe 3cm
Anzahl der Bildobjekte gesamt: 4

Ebene E30

Vorräume Besucheraufzüge in der Kinder- und Frauenklinik jeweils 3 Bildobjekte, Malerei auf Leinwand, 85 x 80cm, Bildtiefe 3cm
Anzahl der Bildobjekte gesamt: 6

Ebene E40

Vorräume Besucheraufzüge in der Kinder- und Frauenklinik jeweils 4 Bildobjekte, Malerei auf Leinwand, 85 x 65cm, Bildtiefe 3cm
Anzahl der Bildobjekte gesamt: 8

Zur Unterstützung des Leitsystems wurde die Anzahl der Bildobjekte der Bezeichnung der jeweiligen Ebene gleichgesetzt: z.b. 4 Bildobjekte auf der Ebene E40, 3 Bildobjekte auf der Ebene E30.

Der Betonung der baulichen und funktionellen Einheit des Gebäudes folgend, habe ich mich zur Gestaltung sämtlicher 12 Wandflächen entschlossen, da es mir nur somit möglich schien, einen verbindenden “roten Faden“ von Stockwerk zu Stockwerk zu ziehen. Noch bevor es zur Ausarbeitung der einzelnen Entwürfe kam, hatte ich die vage Vorstellung von einer lichtbestimmten, atmosphärischen, aber dennoch farbintensiven Malerei, inspiriert durch die lichtdurchflutete Architektur der Gartenhalle, dem Charakteristikum der Kinder- und Frauenklinik. Eine optimistische Grundhaltung als dominierendes Ausdrucksmoment sollte in diesen Bildern leben, hervorgerufen nicht zuletzt durch den Gedanken an die, in diesem Haus stattfindenden Geburten und die Empfindung der großen Freude über ein neugeborenes Kind. Diese tiefere Motivation findet sich als inhaltliche Bindung in allen 26, über das Haus verteilten Arbeiten.

„Das Nordfoyer führt die Besucher, Studenten, Patienten und Mitarbeiter beider Klinikem zusammen. Es bietet ganzjährig Freiraum zum Aufenthalt, zur Kommunikation, für Veranstaltungen und Feste.“ 4 Bildobjekte, identisch im Maß hängen sich gegenüber. Die hellen, eher von der Farbe Gelb bestimmten Flächen hängen in unmittelbarer Nähe zur nördlichen Glasfassade. Die jeweiligen Bildobjekte sind aufeinander bezogen. Dennoch lebt jedes Bild als eigenständige Formulierung, aber es kommuniziert mit seinem Nachbarbild, nimmt eine Farbe auf oder schließt das Flächenband durch ein helles Feld in Antwort auf eine einleitende dunkle Fläche (Westwand, zur Kinderklinik weisend). An der Ostwand, zur Frauenklinik weisend, wiederholt sich in den Arbeiten ein vertikal in die Fläche geschobener Keil. Er öffnet und konstituiert den eigentlichen Bildraum. Die beiden gegenüberliegenden rot-blauen Farbfelder sind in der Gartenhalle von weitem bereits gut sichtbar und setzen einen starkfarbigen, markanten Akzent im Zentrum der lichtdurchfluteten Gartenhalle. Die in der „Tiefe“ des Nordfoyers befindlichen Bildflächen ergänzen das Farbkonzept durch die Farbe Gelb, so daß ein stabiler, harmonischer Grundklang möglich wird. Durch die Lage der Wandflächen bedingt, erlaubt das Nordfoyer eine raumgreifende Installation der Bildflächen, wodurch die Farbe, materialisiert zum Bildkörper, eine andere Ausdehnung erfährt und dadurch zu einer anderen Bedeutung finden kann.

Bei der Maßentwicklung der Bildobjekte habe ich mich in den Vorräumen der Besucheraufzüge in E00 für ein jeweils einteiliges, langgestrecktes Querformat entschieden. Das besondere dieser räumlichen Situation ist die offene Treppe ins erste Untergeschoß und der dadurch entstandene Luftraum, über den, bei Verlassen der Besucheraufzüge direkt hinweggeschaut wird, mit Blick auf den massiven Bildriegel (90 x 270cm) an der gegenüberliegenden Wand des Foyers. Das große Format ist aus der Mitte gerückt, so daß man die Treppe hinaufsteigend geradewegs in seine Mitte „fällt“. Das Bildformat wiederholt das architektonische Grundrißmaß des langgestreckten in 3 Teile unterteilten Foyers. Die Malerei sollte relativ hoch gehängt werden, so daß die Mütter den Kinderwagen bequem placieren können.

Die Malerei im Foyer der Kinderklinik ist großzügig flächig angelegt, der Farbklang auf Rot-Gelb-Blau basierend, wobei die warmen Farben: Rot-Orange-Gelb, überwiegen, und somit für die farbige Ausstrahlung der Fläche bestimmend sind. Im Bereich der Frauenklinik habe ich zu einer anderen, mehr auf Rot - Orange basierenden Farbigkeit gefunden. Die Malerei ist aber vom Rot, der vitalen Farbe dominiert und öffnet dem Blau die „hoffnungsvollen Tore“. Ich denke dabei insbesondere an Frauen in den Wehen, die hier mit sehr starken Schmerzen eintreffen werden, und die ich mit dieser Farbigkeit begleiten möchte.

Im ersten Stock, im Bereich der Frauenklinik E10, dort wo sie den Aufzug vielleicht wieder verläßt, um in die Entbindungsstation zu gelangen, habe ich eine großflächige annähernd quadratische Malerei (220 x 210cm) placiert. In der massiven Begegnung der Farben Rot und Blau spiegelt sich vielleicht die tiefe Dynamik einer Geburt. Der zur Galerie hin offene Vorraum in der Kinderklinik zeigt möglicherweise das Geburtserlebnis aus der Perspektive des Kindes. Die Malerei möchte etwas von der Verwundbarkeit, der Unberührtheit des Neugeborenen vermitteln, vielleicht durch die Vision einer landschaftlichen Situation mit transparenter, beinahe frühlingshafter Farbigkeit. Ich dachte dabei an das Fresco von Pierro della Francesca zur Auferstehung Christi in San Sepolcro, Italien. Die Malerei darf nicht laut sein. Ihre otimistische Grundstimmung ist unerläßlich.

Fahren wir ein Stockwerk höher. In dieser Ebene E20 und den beiden folgenden sind die Pflegestationen untergebracht. Die Malerei auf dieser Etage sollte von festlicher, heiterer Stimmung sein. Sie möchte den wunderbaren Blick von der Kammfront im Norden auf die Elbschlösser, jeseits der Elbe an den südlichen Kammrücken holen. Dieser herrliche Blick auf die Elbe und ihre Schlösser hat mich zur Malerei für die Aufzugsvorräume der Ebene E20 der Kinder- und Frauenklinik inspiriert. Ich dachte dabei an festliche Barockmusik, etwa an Händels Wasser- und Feuerwerksmusik. Alle 4 Arbeiten stehen in diesem Geist. Es gibt keinen Unterschied zwischen Kinder- und Frauenklinik.

Ein sehr wichtiger, das Leitsystem unterstützender Aspekt ist die Tatsache, daß es sich um jeweils 2 Arbeiten im 2.OG handelt. Das gleiche trifft auf das 1.OG zu, da es sich dort um jeweils nur eine Arbeit handelt. Dieses System, Anzahl der Bilder gleich jeweiliges Stockwerk, habe ich bis in den 4. Stock konsequent fortgesetzt. Auch was die, das Leitsystem unterstützende Farbgestaltung, insbesondere der Ebenen E20 - 40 angeht, möchte ich eindeutig aber dennoch nicht zu dekorativ und vordergründig auf die Farben des Leitsystems Orange, Gelb und Grün eingehen. Die Farbigkeit der beiden Gestaltungskonzepte für die Kinder- und Frauenklinik in der Ebene E20 wird von warmen Orangetönen dominiert, wobei erst die Blau- und Gelbtöne die Farbe Orange so richtig zum Leben erwecken.

Im 3.Stockwerk, der Ebene E30, habe ich auf der Abteilung der Kinder mit ähnlichen, dem Farbkreis nachbarschaftlich zugeordneten Farben reagiert. Die Farbigkeit ist insgesamt zurückhaltende, ruhiger, aber dennoch frisch und heiter. Die Malerei sollte einem monochromen, den Tonwerten nach ausgeglichenem, kontrastarmem Klangkonzept folgen und eine Empfindung von Harmonie zulassen. Im Bereich der Kinderklinik dominieren die Farben Gelb, Grüngelb, Orange. Im Bereich der Frauenklinik habe ich mich für eine nachbarschaftliche Farbsituation zu gelbgrün, nämlich hellem Kobaltblau entschieden, wobei helles Gelb und Rosa den Dreiklang Rot - Gelb - Blau ermöglichen und somit einen annähernd, den Tonwerten nach, monochromen Farbraum konstituieren helfen.

Im obersten Stockwerk, auf der Ebene E40 der Frauenklinik wird es wieder etwas lauter, lebendiger, um sozusagen die Farbe nicht immer blasser werden zu lassen, je weiter wir nach oben gelangen. Es sind dies die, dem Stockwerk nach, abschließenden Gemälde, eine 4 teilige Serie, in violettblauer, zu Orange kontrastreich gesetzter Farbigkeit. Das Grün der Wände wird sich, der Farbenlehre nach, harmonisch in den Dreiklang Orange-Violett-Grün fügen und so das Ensemble ergänzen. Auf der Ebene der Kinder bin ich dem frischen hochgestimmten Gelbgrün aus der Ebene E30 treu geblieben. Rosa und kobaltblaue Felder setzen Akzente und führen den Klang an die Grenze einer pastellfarbenen Buntheit, die ich als den Kindern zugehörig empfinde.

Beschreibung von Materialeinsatz- und Vorbereitung Zur handwerklichen Fertigung und Placierung der Bildobjekte

Der Bildkorpus besteht aus eigens hierfür, von einem Schreiner gefertigten Keilrahmen. Die Keilrahmenschenkel haben eine Breite von 6,5cm und sind von unterschiedlicher Korpustiefe. In den Ebenen E20 - E40 kommen 3cm tiefe Keilrahmen zur Anwendung. Im ersten Stock 4cm tiefe Keilrahmen, da es sich um jeweils große Flächen handelt (220 x 210cm). Im Erdgeschoß, E00 möchte ich für die jeweils einzeln placierten Arbeiten im Foyer der Kinder- und Frauenklinik eine Bildtiefe von ebenfalls 4cm vorschlagen (90 x 270cm). Im Nordfoyer dagegen empfehle ich eine Korpustiefe von 3.5cm (75 x 185cm).

Als Leinwand möchte ich mindestens 2 unterschiedliche Leinwandqualitäten zur Anwendung bringen: schwere,etwas gröbere, aber dennoch sehr dichte Leinwand für die beiden großen Querformate auf E00 und für die beiden großen Flächen auf E10. Feinere, ebenfalls sehr dichte Leinwand für die Bilder der Stockwerke E20 - 40. Denkbar wäre auch für die Arbeiten im Nordfoyer eine dritte Leinwandqualtät mit mittlerer Dichte einzusetzen.

Die Keilrahmen sollten nach Möglichkeit vom Schreiner in Sonderanfertigung hergestellt werden, da nur so ein Sich nicht Verziehen der Keilrahmenkörper durch ein Gegeneinanderleimen der Holzschichten gewährleistet wird. Zudem ist es mir nur somit möglich Einfluß auf Keilrahmenbreite- und Tiefe zu nehmen. Als Holz kommt Fichte zur Anwendung. Eine Behandlung der Hölzer hinsichtlich der Brandschutzverordnung ist möglich.

Die Bildkörper werden an der Sichtbetonwand durch eingedübelte Schrauben befestigt, sind aber dennoch abnehmbar, sollte dies notwendig werden. Da die Arbeiten unmittelbar flach an der Wand befestigt sind, dürfte von den Objekten keine Gefahr ausgehen. Die robuste Bemalung der Flächen mit Acrylfarbe erlaubt einiges. Die Bildoberfläche ist wasserunempfindlich. Von der gebundenen, trockenen Farbschicht geht keinerlei schädigende Wirkung aus. Auch kleinere Hiebe vertragen meine Bilder, solange nicht direkt auf sie „eingedroschen“ wird.

Zur Anwendung kommen bereits angeteigte Acrylfarben der Firma „Golden Acrylics“. Die Farben sind nur im Restauratorenbedarf erhältlich und von ausgesuchter Qualität. Insbesondere die reichhaltige Palette, große Leuchtkraft und hohe Lichtechtheit der unverschnittenen Pigmente ist sehr überzeugend. Das Farbmaterial wurde von mir bereits mehrfach bei der Bearbeitung großer Flächen erprobt. Die Entwürfe sind ebenfalls mit diesem Material gefertigt.

Auf Wunsch ist eine Museumsgerechte Montage, insbesondere der kleineren Arbeiten möglich (Diebstahlsicherung).

Bei der Placierung der Arbeiten auf der durch Sichtbetonnähte- und Narben strukturierten Wand habe ich bewußt darauf geachtet, diese nicht direkt auf die Nähte und Narben zu setzen. Die Realität der Bildobjekte ist insofern nicht untrennbar gebunden an die Realität der Wände. Die Tafeln sind Bildobjekte, im Prinzip abnehmbar, flexibel, der Wand vorgelagert, also eine kontrastvoll auf die Wand gesetzte Realtät. Der spannende Gegensatz aus nackter, unbehandelter Wandfläche und einer vielleicht ebenfalls puristischen, aber dennoch auf der sinnlichen Wirkung von Farbe basierenden Auffassung von Malerei ist, in formaler Hinsicht, für mein bildnerisches Konzept ausschlaggebend.

Kunst am Bau